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Der leise Tod - Ertrinken

Wer hat diese Situation nicht schon einmal in Film und Fernsehen gesehen? Laut schreiend, strampelnd, winkend und um sich schlagend befindet sich ein Mensch im Wasser und „droht“ so zu ertrinken. Aufmerksam auf die Situation geworden, wird ihm im Handumdrehen Hilfe durch Rettungsschwimmer oder die Situation beobachtende Personen zuteil...

Dabei ertrinken in Deutschland jedes Jahr mehr als 400 Menschen und das, obwohl sich in nächster Nähe Hilfe befunden hätte, die Gefahrensituation jedoch nicht erkannt wurde. Damit ist Ertrinken nach dem Unfalltod durch Verkehrsunfall bei Kindern bis 15 Jahren die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Davon sind lt. einer Studie von Dr. Martin Kirschstein ca. 60 Kinder unter 5 Jahren betroffen.

Denn Ertrinken ist nicht laut, sondern geschieht meist leise und unauffällig, wie auch der langjährige Rettungshubschrauberpilot und Rettungsschwimmer der U.S. Coast Guard, Mario Vittone, in seinem Artikel Drowning Doesn´t Look Like Drowning eindrucksvoll beschreibt.

So schildert er den Fall eines neunjährigen Mädchens, das dem kalten Tod nur durch das aufmerksame Eingreifen des Kapitäns entkam, obwohl die Eltern nur wenige Meter von ihrer Tochter entfernt waren, welche mit letzter Kraft bei ihrer Rettung „Papa“ schluchzte und bis dahin kein einziges Wort gesagt hatte, geschweige denn durch auffällige Bewegungen auf sich aufmerksam gemacht hätte.

Dr. Francesco A. Pia beschreibt das Verhalten der Menschen in der Situation des Ertrinkens als eine instinktive Reaktion, bezeichnet als „Instinctive Drowning Response“, in der kein Geschrei, Gespritze und Gewinke auf die unmittelbare Gefahr, in der dieser Mensch schwebt, hinweist.

Dr. Pia rät in einem Artikel des Coast Guard`s On Scene Magazine zur Beobachtung folgender Reaktionen bei ertrinkenden Menschen:

  • Meist sind ertrinkende Menschen physiologisch nicht in der Lage, um Hilfe zu rufen, denn unser Atmungssystem hat Vorrang vor der Sprache. Erst wenn die Atmung sichergestellt ist, kann die Sprachfunktion greifen.
  • Der Mund befindet sich unter der Wasseroberfläche, das kurzeitige Auftauchen aus dem Wasser wird wieder für die Atmung benötigt. Damit verbleibt keine Zeit für einen Hilfeschrei, bis der Kopf wieder unter Wasser taucht.
  • Da die Arme instinktiv seitlich ausgestreckt von oben auf die Wasseroberfläche drücken, um den Körper für die Atmung über Wasser zu halten, bleibt keine Zeit, um Hilfe herbeizuwinken. Beim Ertrinken ist eine bewusste Steuerung der Arme nicht möglich, da aus aus physiologischer Sicht ein Ertrinkender nicht in der Lage ist, das Ertrinken durch bewusste und gesteuerte Bewegungen abzuwenden. Aufmerksamkeit durch Winken herbeizuführen ist somit nicht möglich.
  • In der Phase des Ertrinkens befindet sich der Körper aufrecht im Wasser. Der Ertrinkende hält sich nur 20 bis 60 Sekunden an der Wasseroberfläche, bevor er untergeht – sehr wenig Zeit für einen Rettungsschwimmer.

Natürlich befinden sich auch Personen, die schreiend und winkend um Hilfe rufen, in einer ernsthaften Situation. Doch im Gegensatz zum tatsächlichen Ertrinken sind die Betroffenen in der Lage, sich aktiv an ihrer eigenen Rettung beteiligen um beispielsweise nach Rettungsleinen oder -ringen greifen. Und eine solche Wassernotsituation muss nicht zwangsläufig einem Ertrinken vorangehen.

Auch die folgenden Anzeichen für ein Ertrinken sollten Sie kennen und beachten, um einem Menschen in höchster Not sofortige Hilfe zukommen zu lassen:

  • Der Mund ist in Höhe der Wasseroberfläche während der unter Wasser befindliche Kopf nach hinten geneigt ist.
  • Leere, glasige und geschlossene Augen.
  • Die Haare hängen von der Stirn oder in den Augen.
  • Der Körper befindet sich in vertikaler Lage im Wasser, es wird versucht, sich auf den Rücken zu drehen.
  • Beschleunigte Atmung, der Ertrinkende ringt um Luft.
  • Beim Versuch zu schwimmen, kommt die ertrinkende Person nicht voran.


Die Hinweise auf das Ertrinken sind simpel, und mit genauer Beobachtung ist es auch Ihnen möglich, einen Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Bemerken sie also solche Zeichen, dann fragen Sie die betreffende Person einfach: “Geht es Ihnen gut? Brauchen Sie Hilfe?”. Antwortet die betreffende Person, so scheint alles in Ordnung zu sein. Sollte diese Ausbleiben, bleiben Ihnen für eine Rettung des Ertrinkenden nur Sekunden.

Noch ein Hinweis an alle Eltern: Kinder im Wasser, egal ob Planschbecken, Badewanne oder Strand, spielen laut und machen Lärm. Gerade kleine Kinder sind aufgrund ihres besonderen anatomischen Körperbaues besonders gefährdet. Ihr Kopf ist im Vergleich zum Körper besonders groß. Die Nackenmuskulatur dagegen ist noch nicht besonders ausgeprägt, und so ist es für ein Kind schwerer, seinen Kopf über Wasser zu halten. Kinder ertrinken nicht nur im offenen Meer, sondern schon bei geringen Wassertiefen. So wird ihnen unter Umständen ein lebensrettender Reflex zum Verhängnis: beim Fall ins Wasser verschließen sich die Stimmritzen, um ein Einatmen von Wasser zu verhindern. Fatal daran ist, dass das Kind beim Auftauchen nun kaum oder keine Luft mehr bekommt. So ist ihm auch ein Schreien um Hilfe nicht mehr möglich.

Sie sollten also unbedingt nachschauen, wenn der Lärm nachlässt oder gar Stille einkehrt: Ihr Kind könnte in höchster Gefahr sein! Denn bei der Hälfte aller ertrinkenden Kinder befinden sich die Eltern in wenigen Metern Entfernung oder sehen diesem sogar unwissend zu.


Das zweite Ertrinken

Eine weitere nicht zu unterschätzende Gefahr ist das „zweite Ertrinken“. Der geretteten Person geht es eventuell nach der Rettung sogar noch gut und sie macht einen normalen Eindruck. Doch dieser Eindruck kann täuschen. Erste auffällige Anzeichen können sich in einer ungewöhnlichen Verhaltensänderung oder in plötzlicher Schwäche zeigen.

Zustande kommt dieses zweite Ertrinken durch das Eindringen des Wassers in das Lungengewebe. Das Wasser wird wie ein Schwamm aufgesaugt und die Lungenbläschen sacken zusammen: es findet kein Gasaustausch mehr statt und die Atmung blockiert.

Durch das Eindringen von Wassermolekülen in die roten Blutkörperchen platzen diese und führen den Tod durch Hirnschwellung oder auch eine schwere Hirnschädigung ,bedingt durch Sauerstoffmangel, herbei. Sauerstoffmangel entsteht, wenn die roten Blutkörperchen ihre Fähigkeit verlieren, mithilfe des Hämoglobins den Sauerstoff zu binden und die Sauerstoffkonzentration im Blut sinkt.

Achten Sie also unbedingt auf Anzeichen von plötzlicher Schwäche; Bewusstseinstrübung oder ungewöhnlichem Verhalten und gehen Sie im Zweifelsfall umgehend zu einem Arzt oder ins nächstgelegene Krankenhaus!


DENN ERTRINKEN SIEHT NICHT AUS WIE ERTRINKEN!



Quellen:

http://www.nordsee24.de/nordsee-urlaub/familienurlaub/ratgeber/anzeichen-des-ertrinkens

http://mariovittone.com/2010/05/154/

http://www.zeit.de/1999/38/Der_stille_Tod_im_Planschbecken/komplettansicht

http://de.wikipedia.org/wiki/Ertrinken

https://www.ukb.uni-bonn.de/42256BC8002AF3E7/vwWebPagesByID/34100E5910400121C12574CF0037E894

http://www.buetzer.info/fileadmin/pb/pdf-Dateien/Sauerstoffbindung%20im%20Blut.pdf

http://www.uni-duesseldorf.de/MathNat/Biologie/Didaktik/Atmung/start/struktur/duenwand/gastau.html