Reizdarm

Beim Reizdarm handelt es sich um eine rein funktionelle Störung, was bedeutet dass die Beschwerden nicht auf eine krankhafte Organveränderung zurückzuführen sind. Der Reizdarm ist meist eine sehr unangenehme und schmerzhafte, jedoch keine gefährliche Erkrankung.

Typisch sind krampfartige Bauchschmerzen, Blähungen, Völlegefühl, Verstopfung und Durchfall im Wechsel. Bei der Darmspiegelung und anderen diagnostischen Untersuchungsmethoden können keine krankhaften Veränderungen festgestellt werden. Der Reizdarm wird daher den psychosomatischen Erkrankungen zugeordnet. Erwartungsspannung, Ängste, unterdrückte Aggressionen, Liebeskummer und Enttäuschungen können sich im Verdauungstrakt somatisieren und drücken sich in Form einer Verdauungsstörung aus. Daher ist es bei der Behandlung wichtig, auch die emotionale Seite des Betroffenen wahrzunehmen.

Da die Schulmedizin keine sichtbare Ursache finden kann, tut sie sich schwer mit der medikamentösen Behandlung des Problems und überlässt die Patienten meist den Psychologen. Zur akuten Linderung der Beschwerden werden Abführmittel bzw. durchfallhemmende Medikamente verabreicht, was die Wurzel der Erkrankung allerdings nicht behandelt.

Aus homöopathischer Sicht ist es notwendig, den Patienten in seiner Gesamtheit zu verstehen. Die individuelle Beschwerdesymptomatik aber auch eventuelle belastende Konflikte werden mit dem Betroffenen behutsam erörtert. Für die homöopathische Arzneimittelfindung sind auslösende emotionale Situationen gleichsam wichtig wie körperliche Symptome. Oft sind die auf den ersten Blick unauffällige Symptome der Schlüssel für die homöopathische Arzneimittelverschreibung.

Falldarstellung

Frau, 21 Jahre

Seit der Pubertät 1- 2 mal in der Woche Durchfall mit vorangehenden, krampfartigen Bauchschmerzen und Blähungen. Der Bauch ist dann groß und dick von der enormen Luftansammlung und gibt laute Gurgelgeräusche von sich. Der Stuhl ist flüssig, hell und spritzt heraus wie Wasser. Die Beschwerden treten sofort nachdem Essen auf bzw. sogar schon während des Essens, wenn der Teller noch halbvoll auf dem Tisch steht. Es konnten vom Allergologen keine Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder –allergien gefunden werden, und auch die Darmspiegelung ergab keinen pathologischen Befund. Im gemeinsamen Gespräch findet die Patientin heraus, das die Beschwerden eigentlich nur beim Essen von warmen Speisen auftreten. Ein Phänomen, das ihr zuvor noch nie aufgefallen war, weil sie immer viel zu sehr damit beschäftigt war zu überprüfen, ob sie nicht vielleicht doch auf bestimmte Nahrungsmittel überempfindlich reagiere.

In der Krankheitsvorgeschichte findet sich bis auf wiederkehrende Mittelohrentzündungen in der Kindheit nichts Auffälliges. Dann berichtet sie noch, dass sie leicht in den Unterzucker kommt, wenn sie wenig isst und äußerst reizbar ist, wenn sie Hunger hat.

Sie beschreibt sich selbst als sehr emotional, generell nah am Wasser gebaut; sie muss immer gleich weinen, egal ob ein freudiges oder trauriges Ereignis ansteht. Sie ist sehr sensibel für die Gefühlslagen anderer Menschen und sehr familienverbunden. Außerdem berichtet sie über Ängste, wenn sie abends alleine zu Hause ist.

Nach Arzneimittelgabe

4 Wochen später berichtet sie, dass der Bauchschmerz generell ein bisschen besser wurde, der Durchfall zwar weiterhin vorhanden sei, aber das Völlegefühl und die Luft im Bauch deutlich besser sei. Sie hat einen Hautausschlag an beiden Handgelenken entwickelt, der sich in Richtung Ellenbogen ausbreitet. Weiter befallene Stellen sind die Oberschenkelinnenseiten. Das Ekezm ist rot und schuppig und von der Tendenz her zunehmend; es juckt vor allem nachts und tagsüber bitzelt es. Die Patientin wird angewiesen den Hautausschlag nicht von außen zu behandeln, da dies wichtig sei für den weiteren Krankheitsverlauf.

Zwei Monate später: Der Hautauschlag war 3 Wochen lang ganz schlimm, doch die Patientin hat tapfer durchgehalten und ihn nicht von außen behandelt. Danach wurde die Haut langsam aber stetig besser. Sie hatte in der ganzen Zeit nur ein einziges Mal Durchfall und Bauchschmerz und das Gurgeln im Bauch ist ganz verschwunden. Auch die Luft im Bauch hat sich um 90 % gebessert. Sie kommt nicht mehr so leicht in den Unterzucker und ist nicht mehr so schnell reizbar. Ein Vierteljahr später: Die Bauchbeschwerden sind nicht mehr aufgetaucht und sie kann alles folgenlos essen, auch warme Speisen. Sie hat keine Bauchkrämpfe mehr, der Stuhlgang ist seitdem geformt und unnauffällig, keine Luft im Bauch mehr feststellbar. Der Hautausschlag ist nach unserem letzten Gespräch noch mal schlechter geworden, heilt dann nach 4 Wochen aber ab. Sie kam nicht mehr in den Unterzucker und beschreibt sich selbst als „gelassener, ruhiger, ausgeglichener“. Selbst nach einjähriger Nachbeobachtungszeit traten keine Beschwerden mehr auf.

Verlaufsbeurteilung

Die Empfindlichkeit auf warme Speisen und das wiederkehrende Auftreten der Hypoglykämie (Unterzucker) waren wahlanzeigende Hinweise für das passende Arzneimittel. Der Hautausschlag wurde durch die Reaktion des Organismus auf das Arzneimittel hervorgebracht, eine Verschiebung der Beschwerden vom Inneren des Körpers an die Körperoberfläche. Derartige Reaktionen können wir in der Homöopathiepraxis häufig beobachten; es sind Heilreaktionen des Organismus in Richtung Gesundheit. Wäre der Hautausschlag durch Kortisonsalben o. ä. von Außen behandelt worden, wäre die Heilreaktion gestört worden.

 

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Wir weisen darauf hin, dass wir von den Heilungsmöglichkeiten der Homöopathie überzeugt sind, aber die Homöopathie, wie jede andere Behandlungsmethode auch, eine Heilung nicht garantieren kann.